„Wie funktioniert Antisemitismus“
16.06.2024  -  Kategorie: News

Vortrag von Prof. Florian Gassner (University of British Columbia, Vancouver)

Seit einigen Jahren hält Professor Florian Gassner von der University of British Columbia im kanadischen Vancouver Vorträge an Schulen in Oberbayern. Dabei geht es um die Beantwortung der Frage „Wie funktioniert Antisemitismus?“. Dafür verwendet Herr Gassner die Semesterferien seiner kanadischen Bildungseinrichtung, um in seiner bayerischen Heimat über dieses wichtige und leider aktuelle Thema Jugendliche gut zu informieren und ihnen auch Wege aufzuzeigen, sich gegen antisemitische Narrative zu positionieren. Am 13.06. 2024 war er bei uns am Maria-Ward-Gymnasium. In der Aula. Für die Mädchen der zehnten und elften Klassen. 

Der Referent erklärte die Grenzen zwischen legitimer Kritik an der Politik Israels und antisemitischen Äußerungen, definierte zudem die Begriffe „Rassismus“ und „Antisemitismus“, aber zeigte auch mögliche Schnittmengen dazwischen auf. Doch im Mittelpunkt der Ausführungen stand das Machwerk „Die Protokolle der Weisen von Zion“. Prof. Gassner stellte die Entstehungsbedingungen dieses Textes im 19. Jahrhundert dar.

Das neunzehnte Jahrhundert war eine Zeit enormer Veränderungen und Belastungen für die Menschen. Es gab viel Unsicherheit und Ängste in der Bevölkerung. Und in dieser Situation bot der Antisemitismus vielen Menschen eine befriedigende Erklärung für die Herausforderungen der Moderne. Der Kapitalismus und angebliche jüdische Profiteure sollen angeblich Schuld an den enormen Veränderungen gewesen sein – so die „Protokolle von Zion“.

Herr Gassner ging diesen antisemitischen Narrativen auf den Grund und entlarvte sie außergewöhnlich profund. Doch die „Protokolle von Zion“ wirken bis heute, so zitiert die sog. Charta  der Terrororganisation „Hamas“ gleichsam Inhalte des antisemitischen „Grundlagentextes“ aus dem 19. Jahrhundert. Auch in den kruden Äußerungen des Attentäters, der 2019 die Synagoge in Halle angriff, finden sich Gedanken und Ideen aus den „Protokollen“. Diese antisemitischen angeblichen Erklärungsmodelle für mögliche gesellschaftliche und politische Probleme haben einen Reiz für Menschen, die unter ihrer Machtlosigkeit leiden und sich eine für sie leicht verständliche Erklärung zusammenreimen.

Der Referent schaffte es, Inhalte und Fakten so zu formulieren, dass die Mädchen dem Vortrag sehr gut folgen konnten. Der Vortrag war also für Jugendliche sehr gut verständlich, zugleich wissenschaftlich präzise und mit vielen aktuellen Beispielen sehr anschaulich. Auf die vielen Fragen der Mädchen antwortete er im zweiten Teil der heutigen Veranstaltung und konnte den Jugendlichen wichtige Tipps und weitere Kenntnisse vermitteln. Die Schülerinnen waren von der außergewöhnlichen Qualität des Vortrags sehr angetan.

Christian Martino

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