„Die österliche Hoffnung vergeht nicht!“
01.04.2020  -  Kategorie: Archiv 2019/20

Wegen der Corona-Infektionswelle müssen die von uns geplanten Ostergottesdienste, die vom – Kirchenjahr her gesehen – vorösterliche Gottesdienste darstellen, am Freitag, den 03.04.2020, entfallen.

Als spiritueller österlicher Impuls findet sich im Folgenden die „Parabel zwischen der lichtspendenden Kerze und Mary Ward“: Diese Lesung wurde aus Anlass des 175-jährigen Jubiläums der Maria-Ward-Schulen Nymphenburg im Liebfrauendom im Juli 2010 vorgetragen.

Sie entfaltet die Verweisungszusammenhänge und Verbindungslinien zwischen den großen Themen des Kirchenjahres: Weihnachten mit dem Symbol der Krippe und Ostern mit dem Symbol des Kreuzes. Es geht um die Menschwerdung Gottes und damit auch um die Menschwerdung des Menschen, der als Hoffnungsträger lebt und auch vergeht, was aber nicht den Endpunkt menschlicher Existenz markiert.

Im Anschluss daran finden sich einige österliche Symbole, die wiederum von Schülerinnen der Oberstufe mit verschiedenen Texten ausgestaltet worden sind.

„Parabel vom Dialog zwischen der lichtspendenden Kerze und Mary Ward“

Die Kerze:

Ihr habt mich angezündet und schaut –nachdenklich oder versonnen – in mein Licht. Ihr freut Euch ein bisschen dabei: Ich freue mich auch, dass ich brenne. Sonst läge ich einer Pappschachtel. Aber dort habe ich keinen Sinn, denn da liege ich nur herum.

Mary Ward:

Ich bin tatsächlich für die Sache Gottes entflammt – was ihr mit Freude betrachtet. Revolutionären Ideen in Kirche und Gesellschaft will ich zum Durchbruch verhelfen. Eine Lebensform, die Ordensfrauen und damit die Froh-botschaft von der Welt abschirmt – wie die Kerzen in dieser Pappschachtel – das hat sich überholt.

Die Kerze:

Einen Sinn habe ich aber nur, wenn ich brenne.
Aber wenn ich brenne, werde ich kürzer, da ich Licht und Wärme abgebe, also etwas von mir selbst. Das ist schöner, als kalt und sinnlos in der Schachtel zu liegen.

Mary Ward:

Wir Christen sollten unser Licht vor den Menschen leuchten lassen. Denn ich habe stets das Licht geliebt und herausgestellt: Die göttliche Liebe gleicht einem Feuer, das sich nicht einschließen lässt, denn es ist unmöglich, Gott zu lieben, ohne sich zu bemühen, seine göttliche Kraft auszubreiten.

Die Kerze:

Und genauso ist es bei euch Menschen. Entweder ihr bleibt für euch, dann geht euch auch nichts ab, aber dann wisst ihr nicht, warum es euch überhaupt gibt – und dann seid ihr wie Kerzen in einer Pappschachtel.

Mary Ward:

Ich stehe in Treue zu meinem eigenen Auftrag und zur eigenen Berufung, die gibt meinem Leben Sinn und Ziel.
Aber ich muss gegen Widerstände kämpfen und Demütigungen sowie Rück-schläge hinnehmen. Trotzdem halte ich meinen Kopf aufrecht. Gott will ich treu sein. Trotz aller Hindernisse, die mir meine Kirche in den Weg stellt, will ich ihr weiterhin dienen.

Die Kerze:

Oder ihr gebt Licht und Wärme, dann habt ihr einen Sinn: Damit seid ihr nicht vergebens da. Aber dafür müsst ihr etwas geben, von euch selbst und von dem, was in euch lebendig ist: Freude, Herzlichkeit, Treue, Lachen und Mut.
Ihr müsst nicht ängstlich darauf sehen, dass ihr dabei kürzer werdet. Das ist nur äußerlich, innen wird es immer heller.

Mary Ward:

Die mir anvertrauten Menschen sollen nicht so kümmerlich vor sich hinleben wie die Kerzen in einer Pappschachtel – in Selbstsucht, in Selbstgenügsamkeit und abgeschlossen von der Welt.
Sie sollen zu Gott finden und dann Verantwortung übernehmen für die Gestaltung des eigenen Lebens und der Welt sowie der Kirche. Gerade weil wir aus der Hoffnung leben, die in Christus gründet, sind wir überzeugt: Ein einziges Licht, das brennt, ist mehr als alle Dunkelheit.

Dr. Jürgen Schmelter

< Zurück zum Archiv